Freitag, 9. Januar 2009

Deutsch Portfolio Nr.1

Wahlkampf in Österreich 2008
von Bastian Berchtold (Klasse 7m, Schuljahr 2008/2009)


Die Stabilität der Regierungen in Österreich hat im letzten Jahrzehnt stark abgenommen. Nach dem Scheitern der schwarz-blauen Regierung ist nun auch die SPÖ-ÖVP-Koalition geplatzt. Nach dem, was die ÖsterreicherInnen von dieser Regierung die letzten 1 ½ Jahre geboten bekommen haben, muss man annehmen, dass sich bei dieser Wahl ein altes Sprichwort bewahrheiten wird: Wenn zwei sich streiten freut sich der Dritte. Wird das das Motto der Wahl werden?
In folgendem Aufsatz werde ich die Wahl 2008 und den dazugehörenden Wahlkampf aus meiner persönlichen Sicht analysieren und vier Themenschwerpunkte in den Mittelpunkt rücken: Mit meinem persönlichen Eindruck vom Wahlkampf und den Themen, die mir wichtig erscheinen, werde ich beginnen. Weiters werde ich an der Art, wie gewisse Themen behandelt wurden, Kritik üben und von einer möglichen „Wahlmüdigkeit“ und dem politischen Desinteresse berichten.

Ich beginne mit meinem Eindruck vom Wahlkampf und den einzelnen Parteien.
Natürlich haben die beiden Großparteien ÖVP und SPÖ mit ihren Streitigkeiten und gegenseitigen Blockaden ein wirklich schlechtes Bild abgeliefert und man muss sich nicht wundern, wenn sich die Leute von diesen beiden Parteien abwenden.
Trotzdem habe ich von den zwei Rechtsparteien, der FPÖ und dem BZÖ, den schlechtesten Eindruck. Sie versuchen mit ihrer rückwärtsgewandten, populistischen, national(sozialistisch)en Politik, mit offener Fremdenfeindlichkeit und EU-Gegnerschaft zu punkten. Und sie scheinen die ÖsterreicherInnen auf deren Programm der Intoleranz, Angst, Neid und Vorurteilen stark anzusprechen.
Besonders die Unberechenbarkeit eines H.C. Strache, dem Spitzenkandidaten der „Blauen“, mit seiner aggressiven, hasserfüllten Rhetorik und seinem offensichtlich viele positiv ansprechenden Aussehen, macht mir Angst. Für mich ist es unfassbar, dass ein Mann mit solch nationalistischen Gedanken vor – wenn man den Umfragen glauben kann – einem großen Wahlerfolg steht.
Dass ÖVP und SPÖ diese Fremdenangst mit geschürt haben – die SPÖ die Europafeindlichkeit und die ÖVP die Fremdenfeindlichkeit – ist für mich unerklärbar, denn der Wähler wird ’zum Schmid gehen und nicht zum Schmidle’. Die beiden Großparteien haben mit ihrem Schwenk nach rechts die beiden Rechtsparteien erst so richtig salonfähig gemacht. Teils überbieten diese ihren Forderungen sogar Blau/Orange, wie z.B. Fekter in der Frage der Abschiebung nicht verurteilter Immigranten. Hier ein Fekter-Zitat aus dem „Kurier“: „Ich werde Maßnahmen setzen, um straffällige Asylwerber rascher außer Landes zu bringen. Unter anderem will ich in Zukunft bei jeder Art von Vergehen ein beschleunigtes Asylverfahren verbunden mit konsequenten und raschen Abschiebungen.“




Ich spreche nun Themen an, die mir persönlich wichtig erscheinen und die meiner Meinung nach im Wahlkampf zu kurz gekommen sind.
• Aus meiner Sicht haben die Politiker aller Parteien viel zu wenig für einen nachhaltigen Umgang mit der Umwelt geworben. Klimaschutz und ein sorgsamer Umgang mit Rohstoffen sind zwei der wichtigsten Punkte, die die Zukunft von uns jungen Menschen stark bestimmen werden. Ein gutes Beispiel wäre die Energiegewinnung. Wind- und Wasserkraftwerke statt Atomkraftwerke sind sehr gute, umweltfreundliche Möglichkeiten der Energiegewinnung. Deutschland macht es uns vor. Im Jahre 2000 investierte die damalige rot-grüne Regierung in Wind- und Wasserkraftwerke, was sie einerseits unabhängig von den östlichen Öl-Giganten machte und anderseits sehr viele Arbeitsplätze schaffte. Positive Auswirkungen auf die Tierwelt, auf die Geräuschentwicklung und die Beeinflussung des Landschaftsbildes sind weitere nennbare Faktoren. International gehört Deutschland vor Spanien, den USA und Indien zu den größten Nutzern von Windenergie zur Erzeugung von elektrischem Strom. Warum sollte man dieses nachhaltige, umweltschonende Denken nicht in Österreich übernehmen?
• Ich finde ebenfalls, dass die Gleichberechtigung der Frau ein sehr wichtiges Thema ist, da es für mich nicht nachvollziehbar ist, dass immer noch bei den meisten Berufen der Mann mehr als die Frau verdient.
• Obwohl Umfragen eindeutig belegen, dass die Bildungsfrage die Menschen sehr interessiert, wurde über eine Bildungsreform, die auch die Schwachen fördert kaum diskutiert. Es ist höchst an der Zeit, dass die Parteien ihre starren Haltungen aufgeben und einen offenen, ehrlichen Dialog über eine Schule führen, welche den schwachen SchülerInnen jene Förderung zukommen lässt, die sie dringend brauchen, ohne die Besten zu unterfördern.


Ich finde es sehr schlecht, dass die EU von fast allen Parteien immer wieder als Sündenbock missbraucht wird, und das nicht nur von FPÖ und BZÖ, sondern auch von SPÖ und ÖVP. Da müssen sich die Großparteien nicht wundern, wenn die EU-Skepsis in Österreich europaweit am stärksten verbreitet ist. Hier muss die EU oft für Versäumnisse in Österreich herhalten und die positiven Wirkungen europäischer Politik werden kaum kommuniziert. Die SPÖ, FPÖ und BZÖ wollen u.A., dass jedes Land einzeln über europaweite Entscheidungen wie z.B. den Türkei-Beitritt abstimmt. Dieses nationale Denken würde aber Europa blockieren und ad absurdum führen. Es können niemals alle 27 Länder der EU einer Meinung sein. Irgendein Land wäre immer dagegen.
Die Senkung der Mehrwertssteuer, wie es die SPÖ und die FPÖ preisen, macht keinen Sinn, da der gewünschte Effekt, nämlich die Entlastung der Armen, mit größter Wahrscheinlichkeit nicht eintreten wird. Die Politik würde sich mit diesem „Geschenk“ viel an Handlungsspielraum nehmen und es ist anzunehmen, dass der Handel die Verbilligung der Produkte nicht an den die Konsumenten weitergeben würde.
Leider deckt das Ausländerthema alles andere zu. Man kann in Österreich keine vernünftige Politik mehr machen. Alles wird – eher unterschwellig, denn offen – vom Ausländerthema, vom Hass gegen Immigrantinnen und Asylanten überdeckt.
Die trifft leider auch stark auf die Jungwähler zu. Die jungen Türken der dritten Generation sind alles andere als integriert, was auch die Schuld der gleichgültigen Politik der letzten drei Jahrzehnte ist. Sie sind frustriert und reagieren zum Teil aggressiv und mit einem eigenen, türkischen Nationalismus. Viele von ihnen sind national eingestellt, dazu noch konservativ, patriarchalisch, frauenfeindlich, autovernarrt und religiös. Eigentlich passen sie exakt zum Partei-Profil von Blau und Orange. Eigenartigerweise wählen gerade die jungen Österreicher, die eben diese Haltungen ablehnen, Blau und Orange. Ich glaube nicht, dass meine Generation überhaupt weiß, was sie da tut. Ich vermute, dass sie auf einen oberflächlichen, mit Schlagwörtern geführten Wahlkampf hereinfallen wird. Wenn sie ein klein wenig nachdenken würde, müssten sie ja wissen, dass Blau-Orange vor nicht einmal zwei Jahren lange Zeit an den Hebeln der Politik saß – und was haben sie erreicht in der Ausländerfrage?
Nichts.


Ich finde, derzeit kann man nicht von einem politischen Desinteresse sprechen, eher von einer politischen Angewidertheit. Heinz Fischer, unser Bundespräsident meinte: „Eine Wahlbeteilung von nahezu 80 Prozent oder vielleicht mehr wäre erstrebenswert“. Die Wahlbeteiligung in Österreich fällt seit 1972. Es ist wichtig und richtig, dass die Leute zur Wahl gehen. Diesmal ist leider zu befürchten, dass Herr und Frau Österreicher aus Frust über die große Koalition ihre Stimme ganz rechts abgeben und Österreich jenen Rest an Weltoffenheit und Berechenbarkeit nehmen wird, den es noch hat.


In meiner Analyse habe ich versucht, meinen persönlichen Eindruck vom Nationalratswahlkampf mitzuteilen. Insgesamt bin ich sehr enttäuscht vom diesjährigen Wettkampf.
Die Rechtsparteien sind laut Umfragen ganz weit vorne. Liberale, weltoffene Parteien wie die Grünen oder die LIF sprechen den Wähler offensichtlich kaum an. Themen, die mich sehr ansprechen, wie z.B. der Umweltschutz oder eine optimale Schulbildung für alle, wurden von den Parteien so gut wie nicht angesprochen oder ignoriert. Ich hoffe, die ÖsterreicherInnen überlegen gut, wo sie das Kreuzchen machen. Ich befürchte aber, dass Österreich mit einem Rechtsruck wieder für Negativschlagzeilen sorgen wird.

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